Stefan O. J. Klein
Rechtsanwalt und Steuerberater Köln

Aktuelles
16.1.2025 | Fahrtenbuch

BFH-Urteil zur 1%-Regelung bei Firmenwagen: Wann ist eine Privatnutzung widerlegt?

Die steuerliche Behandlung von Firmenwagen ist ein Dauerbrenner in der Praxis – insbesondere die 1%-Regelung und die Frage der Privatnutzung führen immer wieder zu Streit mit den Finanzbehörden. Der BFH hat akuell zu der Frage Stellung genommen, wann eine fehlende Privatnutzung widerlegt ist.

Kernaussage: So kann der Anscheinsbeweis bei der Privatnutzung erschüttert werden

Der Bundesfinanzhof (BFH) stellt in seinem Urteil vom 22.10.2024 (VIII R 12/21) klar, dass der Anscheinsbeweis für eine Privatnutzung eines betrieblichen Fahrzeugs (Firmenwagen) zwar grundsätzlich greift, jedoch auch ohne ein formal vollständig ordnungsgemäßes Fahrtenbuch erschüttert werden kann. Entscheidend ist, dass der Steuerpflichtige Tatsachen vorträgt und gegebenenfalls nachweist, die die ernsthafte Möglichkeit einer ausschließlich betrieblichen Nutzung aufzeigen. Ist das der Fall, kann die Anwendung der 1%-Regelung entfallen.

Einordnung: Die allgemeine Rechtslage zur 1%-Regelung und Privatnutzung

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG wird die Privatnutzung eines Firmenwagens, der zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, in der Regel pauschal über die 1%-Regelung erfasst. Wird allerdings nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht, dass keine oder nur in sehr geringem Umfang eine Privatnutzung vorliegt, entfällt diese pauschale Ansatzpflicht. In der Rechtsprechung gilt ein Anscheinsbeweis, wonach ein betriebliches Fahrzeug üblicherweise auch privat genutzt wird. Dieser kann jedoch durch entsprechende Indizien – wie beispielsweise gleichwertige Alternativen im Privatvermögen – widerlegt werden.

Sachverhalt: Streit um Firmenwagen-Leasing und die Frage der Privatnutzung

Ein Prüfsachverständiger leaste einen BMW 740d und einen Lamborghini Aventador als Firmenwagen und machte sämtliche Fahrzeugkosten als Betriebsausgaben geltend. Daneben verfügte er privat über einen Ferrari und einen Jeep. Das Finanzamt ging von einer Privatnutzung aus und setzte entsprechend die 1%-Regelung an. Die Vorinstanz (FG) bestätigte dies, weil sie die handschriftlich geführten Fahrtenbücher als nicht ordnungsgemäß ansah und die Existenz weiterer hochwertiger Privatfahrzeuge nicht als ausreichendes Argument anerkannte, den Anscheinsbeweis zu widerlegen. Der BFH rügte jedoch, dass das FG ein zu hohes Beweismaß angelegt und die Fahrtenbücher unzutreffend außer Betracht gelassen habe. Zudem seien die Privatfahrzeuge des Klägers nicht genügend auf ihre Vergleichbarkeit hin geprüft worden.

Kommentar: Worauf Unternehmer bei der Privatnutzung und 1%-Regelung achten sollten

Die Entscheidung verdeutlicht, dass eine Privatnutzung nicht allein durch die formale Ablehnung eines Fahrtenbuchs unterstellt werden darf. Für Unternehmer, die einen Firmenwagen steuerlich geltend machen und sich gegen die 1%-Regelung wenden, ist es essenziell, sämtliche Umstände – insbesondere mögliche vergleichbare Privatfahrzeuge – sorgfältig darzulegen. Nur so lässt sich der Anscheinsbeweis wirksam erschüttern. Unternehmen sollten daher im Streitfall nicht nur auf die ordnungsgemäße Dokumentation (ggf. Fahrtenbuch), sondern auch auf plausible Argumente und Belege zum tatsächlichen Nutzungsverhalten achten, um unnötige Hinzurechnungen für die Privatnutzung zu vermeiden.


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